Der Begriff: Das Wort Matriarchat leitet sich aus den griechischen Wörtern „meter“- Mutter und „archê“ – Anfang, Ursprung, später Herrschaft, ab.
Darum ist auch die herkömmliche Interpretation Matriarchat = Frauen-Herrschaft falsch! Vielmehr bedeutet der Begriff: Am Anfang ist die Mutter, und da kommen wir der Sache schon näher. Und ich denke, das leuchtet auch jedem noch so ängstlichen Mann ein.
Entstanden ist der Begriff im 19. Jh.(Johann Jakob Bachofen (1815-1887) als auch die, mehr oder weniger wissenschaftliche, Auseinandersetzung mit diesem Thema begann. 1900 entdeckte der Archäologe Sir Arthur John Evans (1851-1941) die minoische Kultur auf Kreta. In umfangreichen Büchern hat er über seine Ausgrabungen berichtet. Anfangs ist seine Deutung einseitig patriarchal aber später revidiert er seine Ansicht vollständig und seine Forschung führt ihn zu dem Schluss dass Kreta von der Großen Muttergöttin geprägt ist die uns auf allen Wandbildern Siegelringen und in vielen Statuetten entgegen tritt. Zusammenfassend lautet seine These dass das Matriarchat mit seinen späten Formen noch die Bronzezeit umfasst wie es am Beispiel des minoischen Kreta (Untergang um 1400 v.Chr.) erkennbar ist.
Die Verehrung einer Muttergottheit entstand durch die Naturverehrung der frühen ägäischen Bauern, die in ihrem Alltagsleben sehr stark von der Natur und deren Phänomenen geprägt waren. Die Gottheit spiegelt hier den intensiven Naturbezug einer agrarischen Gesellschaft wieder, die von allerlei Naturphänomenen in ihrem täglichen Leben bestimmt wurde.
Der etwaige Glaube an einen jungen Gott (Zeus Velchanos oder auch kretischer Zeus genannt), welcher mit den Jahreszeiten stirbt und im Frühjahr eine Reinkarnation erfährt, lässt sich ganz konkret auf das Eintreten des Winters, bei dem er stirbt, und des Frühlings, der ihn wieder gebärt, zurückführen. Hier werden die Jahreszeiten zum Sinnbild einer Gottheit, was mit dem Wachstumszyklus der Flora, speziell der Nutzpflanzen, zusammen hängt: Im Winter findet kein offensichtliches Wachstum und vor allem keine Ernte statt. In dieser Jahreszeit muss somit auch kein Gott existieren, er stirbt im Spätsommer mit der letzten Ernte.
Da die Bevölkerung Kretas noch in klassischer und hellenistischer Zeit glaubte, dieses Schicksal würde auch der Göttervater Zeus jedes Jahr aufs Neue erleiden, galten die Kreter in der Antike als Volk der Lügner. Dieser Reinkarnationsglaube könnte allerdings eine einfache Weiterführung der minoischen Idee und somit ein weiterer Faktor einer gewissen Kult- oder zumindest Ritualkontinuität sein.
Quelle: Daniel Tobias Nieß: Minoische Gipfelheiligtümer, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Zentrum für Altertumswissenschaften Institut für Klassische Archäologie
2008
Nochmals zum Begriff: Auch Darstellungen auf Fresken aus dem minoischen Kreta (2000 bis 1200 v. Chr.) und etwas jüngere Felszeichnungen aus der europäischen Bronzezeit, werden immer wieder in die eine und die andere Richtung interpretiert. Gerade bei einem Thema wie diesem, das die Gemüter immer wieder erhitzt, scheint aber oft der Wille etwas Bestimmtes sehen zu wollen, die Argumentation nur zu stark zu beeinflussen.
Auch die Frage, ob es ein in der Gegenwart existierendes Matriarchat gibt, bietet Anlass zu Diskussionen. Es gibt die unterschiedlichsten Volksgruppen, in denen Frauen unterschiedlich viel Achtung entgegengebracht wird, in denen ihre Positionen innerhalb der Gesellschaft unterschiedlich sind. In einigen Fällen erfolgt die Erbfolge matrilinear, das heißt über die Mutter. Oder der Bräutigam gehört nach der Hochzeit zur Familie der Braut, in diesem Fall spricht man von Matrilokalität.
Zum Einlesen in die Materie (interessant, da steckt auch das Wort lateinische Wort mater=Mutter drin (sic!)) empfehle ich: Das Matriarchat bei Lexikona
Zum Zeus Velchanos siehe auch: [pdf]
Quelle: Cretan_Zeus
Ich möchte an dieser Stelle die Diskussion zu diesem Thema nochmals entfachen und freue mich auf Beiträge. Einfach an com.mon@dada.at schicken