Außenbeziehungen
Die Minoer waren geschickte Seefahrer und spätere antike Autoren wie Thukydides vgl. Thukydides 1,4: “Denn Minos war der älteste Gründer einer Seemacht, von dem wir durch die Sage wissen. Er beherrschte den größten Teil des jetzigen hellenischen Meeres und gebot über die kykladischen Inseln, bevölkerte auch die meisten zuerst, indem er die Karier vertrieb und seine Söhne als Häuptlinge einsetzte. Auch vernichtete er die Seeräuberei, soweit er konnte, damit ihm die Einkünfte umso eher eingingen.”, Herodot Herodot III, 122, Aristoteles und Platon berichten von einer „Thalassokratie“ (Meeresherrschaft) des Königs Minos, der die erste Seemacht im Mittelmeer aufbaute. Seine Stellung übernahmen nach dem Untergang der minoischen Kultur wohl zunächst die Phönizier – allerdings ist die These von der minoischen Seeherrschaft in der Forschung heute nicht mehr unumstritten vgl. z.B.
A. Bernard Knapp: Thalassocracies in Bronze Age Eastern Mediterranean trade. Making and breaking a myth. In: World Archaeology 24, 1993, H. 3, {{ISSN|0043-8243}}, S. 332–346.
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In jedem Fall aber belegen archäologische Funde ein Ausstrahlen der minoischen Kultur im östlichen Mittelmeer (bis Sizilien). Auf der Inselgruppe der Kykladen in der südlichen Ägäis weist die Kykladenkultur der Bronzezeit in Architektur und Kunst starke Bezüge zur benachbarten minoischen Kultur auf, und der auf den Kykladen und an den griechischen Küsten teilweise bis heute vorkommende Ortsname „Minoa“ verweist auf die Anwesenheit von Kretern. Unter kretischem Einfluss standen unter anderem die Inseln Santorin (Thera), Kythera, Rhodos (v. a. Ialysos) und Melos sowie das kleinasiatische Milet, evtl. auch Zypern. Auch wenn Charakter und Ausmaß der politischen und wirtschaftlichen Abhängigkeit von Kreta unterschiedlich gewertet werden, werden diese Außenposten minoischer Kultur manchmal als kretische Handelsstationen bzw. Kolonien angesprochen.
Enge Beziehungen bestanden zu Ägypten. Bis um etwa 1400 v. Chr. finden sich in ägyptischen Gräbern immer wieder Darstellungen kretischer Gesandtschaften. (Die Ägypter nannten die Minoer “Keftiu”) Im ägyptischen Avaris (im Delta) wurde gar ein im minoischen Stil ausgestalteter Palastkomplex vom Beginn der 18. Dynastie freigelegt.
Inschriften in Mesopotamien belegen Kontakte auch in diese Region.
Manfred Bietak, Professor für Ägyptologie an der Universität Wien und Nanno Marinatos, Professor für klassische Altertumswissenschaften an der University of Chicago, sowie Clairy Palivou (Universität Thessaloniki) haben in Tell el’Dab’a (Ägypten) Stiersprungfresken entdeckt.
Unter dem Titel „Taureador Scenes from Tell el-Dab’a (Avaris) and Knossos“ bereiten die Archäologen einzigartige Freskenfragmente aus der frühen Regierungszeit des Pharao Tuthmosis III. (c. 1479-1425 v. Chr.) mit heutiger Computertechnologie benutzerfreundlich und übersichtlich auf. In gleicher Weise werden auch die berühmten Stierspringer-Fresken aus Knossos neu bearbeitet und jenen aus dem Delta gegenüber gestellt. Die Maltechnik sowie die Motive wie Stierspringer, Stierringer, Jagdszenen und herrliche ornamentale Darstellungen sowie knossische Palastembleme zeugen von unmittelbaren kulturellen und politischen Beziehungen zwischen Ägyptern und Minoern auf höchster Ebene, was mit einer Intensivierung der Handelsbeziehungen einherging. Die Entdeckung eines Palastbezirkes mit original minoischen Malereien sowie die jüngste Endeckung mehrerer großer Hafenbecken lassen darauf schließen, dass der bedeutende Marinestützpunkt Peru-nefer, bei Tell el-Dab’a und nicht wie bisher angenommen in Memphis lag. Es scheint, dass sich die Beziehungen zwischen Ägypten und Kreta damals vor allem auf maritimer Ebene abspielte und dass der große Kriegsherr Tuthmosis III. beim Aufbau seiner Flotte sich vor allem auf Zusammenarbeit mit dem Hof von Knossos stützte.
Literatur: Taureador Scenes in Tell el-Dab’a (Avaris) and Knossos
Links: auaris.at, heritage-key
Behauptete direkte Handelskontakte der Minoer bis in die Nordsee gelten als unbewiesen. Die Funde des Ethnologen und Hobbyarchäologen Hans Peter Duerr im nordfriesischen Wattenmeer, die er einem minoischen Schiff zuordnet, wurden von der Fachwelt bisher nicht anerkannt.
Hier ein Artikel darüber: [pdf]
Minoische Fundstätten außerhalb Kretas (Auswahl)
* Akrotiri auf Santorin (Kykladen)
* Alalach in der Levante (Türkei)
* Avaris im östlichen Nildelta (Ägypten)
* Kythira vor der Peloponnes (Griechenland)
* Phylakopi auf Milos (Kykladen)
* Qatna in der Levante (Syrien)
* Tell Kabri in der Levante (Israel)